Zwei Pflanzenkohle-Produktionsmethoden und ihr Potenzial für eine effektive CO2-Senkenleistung
Blog von Nikita Skopincev und Lia Flury
Die Faktoren Permanenz und Umweltnutzen machen Pflanzenkohle zu einem Game Changer der internationalen Klimaschutzbemühungen und zu einem wichtigen Instrument für nachhaltig engagierte Unternehmen. Die Nachfrage nach CO2-Senkenzertifikaten aus Pflanzenkohleprojekten steigt permanent. Wenig bekannt ist dabei, dass verschiedene Verfahren zur Herstellung von Pflanzenkohle existieren. Es stellt sich die Frage, ob es dabei Unterschiede hinsichtlich Qualität und Wirkungspotenzial gibt. Wir nehmen in diesem Blog die industriellen und handwerklich geprägten Produktionsmethoden genauer unter die Lupe.
Der Unterschied zwischen industrieller und manueller Pflanzenkohle-Produktion
Industrielle Pflanzenkohleproduktion
Industrielle Pflanzenkohleprojekte maximieren die Produktion von Pflanzenkohle in großem Maßstab durch die Verwendung fortschrittlicher Pyrolysetechnologie sowie zentralisierter und hochgradig standardisierter Prozesse. Eingesetzt werden dabei zumeist vollautomatische Systeme inklusive moderner Sensoren für die Datenerfassung und eine detaillierte Prozessüberwachung.
Dies ermöglicht sowohl eine unterbrechungsfreie
Pflanzenkohleproduktion als auch ein umfassendes Monitoring. Die industrielle Pflanzenkohle-Produktion ist aufgrund des zentralisierten Betriebs und des aktuell größeren Marktpotenzials hoch skalierbar, erfordert gleichzeitig aber auch erhebliche Kapitalinvestitionen. Bisher sind Pflanzenkohle-Projekte dieser Art hauptsächlich in Europa oder Nordamerika angesiedelt.
Obwohl sich Projekte zur manuellen Pflanzenkohle-Herstellung in diesen Punkten deutlich von industriellen Pflanzenkohleprojekten, wie sie beispielsweise in Europa oder Nordamerika umgesetzt werden, unterscheiden, haben doch beide Ansätze großes Potenzial für den weltweiten Klimaschutz. Auch bei den Aktivitäten von First Climate spielt die Entwicklung der sogenannten „Artisanal Biochar“-Projekte, neben den etablierten industriellen Pflanzenkohleprojekten, wie dem Schweizer Pflanzenkohleprogramm oder dem CARBONITY-Projekt in Kanada, eine zunehmend wichtigere Rolle.
Beispiel für ein industrielles Pflanzenkohleprojekt: CARBONITY
First Climate setzt sich dafür ein, industriell geprägte Pflanzenkohleprojekte und die dahinterstehende Technologie permanent weiterzuentwickeln und zu skalieren. Dazu gehören unser wegweisendes Pflanzenkohleprogramm in der Schweiz und das großtechnische Pionier-Projekt CARBONITY in Kanada, ein Joint Venture zwischen Airex Energy, Groupe Rémabec und SUEZ. Die Pflanzenkohleproduktion in der CARBONITY-Anlage startete 2024 mit einer jährlichen Produktionskapazität von 10.000 Tonnen Pflanzenkohle in den Betrieb. Geplant ist, die Produktionskapazität bis 2026 zu verdreifachen und bis 2035 auf 350.000 Tonnen Pflanzenkohle pro Jahr zu skalieren.
In der Produktionsanlage werden organische Reststoffe aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern sowie Restholz aus dem Sägereibetrieb zur Herstellung von Pflanzenkohle verwendet, die mit dem European Biochar Certificate (EBC) zertifiziert ist. Aufgrund seiner Größe wird dieses Projekt die Entwicklung des globalen Pflanzenkohlemarktes langfristig beeinflussen und das verfügbare Angebot nachhaltig erhöhen. Mit Erreichen der geplanten Produktionskapazität wird die neue Pflanzenkohleanlage CARBONITY in Port Cartier, Québec, die größte Anlage ihrer Art in Nordamerika sein und zu den weltweit größten Pflanzenkohleprojekten gehören, die für die Ausschüttung von CO2-Senkenzertifikaten verifiziert sind.
Als sogenannter Carbon Asset Manager im Auftrag der Joint Venture-Partner stellt First Climate sicher, dass das Projekt in allen Belangen den einschlägigen internationalen Standards für CO2-Senkenprojekte entspricht. Unser Team kümmert sich außerdem um das komplette Management und die Vermarktung der im Rahmen des CARBONITY-Projektes ausgeschütteten CO2-Zertifikate, die es Unternehmen ermöglichen, in die Weiterentwicklung der Technologie zu investieren.
Manuelle Herstellungsverfahren in der Pflanzenkohle-Produktion
Die handwerkliche Herstellung von Pflanzenkohle ist vor allem in Ländern des globalen Südens verbreitet. Im Gegensatz zur industriellen Produktion ist diese Art der Herstellung auf kooperative Ansätze im Rahmen kleinbäuerlicher Strukturen und unter Verwendung traditioneller Methoden ausgerichtet. Handwerkliche Pflanzenkohle-Initiativen sind zumeist dezentral organisiert, und kombinieren traditionelle Methoden der Holzkohleherstellung mit modernen Erkenntnissen aus der Pyrolyse-Technik. Hergestellt wird die Pflanzenkohle in diesen Projekten in Handarbeit und mit Hilfe von Erdgruben- oder Graben-Feuern, unter Zugabe lokal verfügbarer Biomasseressourcen wie Baumwollstängeln oder Reisstroh. Die Projektaktivitäten sind dabei darauf ausgerichtet, die Landwirte vor Ort mit dem notwendigen Wissen und den relevanten Produktionsmitteln auszustatten, um sie in die Lage zu versetzen, die Pflanzenkohle in Eigenregie zu erzeugen.
Manuelle Pflanzenkohle-Projekte haben eine direkte und unmittelbare Auswirkung auf die lokalen Gemeinschaften, da sie Pflanzenkohle zu geringen Kosten bereitstellen und Arbeitsplätze in abgelegenen Gebieten schaffen. Im Gegensatz zu industriellen Projekten ziehen handwerkliche Projekte aufgrund der lokal verfügbaren Biomasseressourcen und des überschaubaren technischen Aufwands nur geringe Anfangsinvestitionen und Betriebskosten nach sich. Da ein Drittel der Nahrungsmittel weltweit in kleinbäuerlicher Arbeit produziert wird, gibt es ein großes Potenzial für die Pflanzenkohleproduktion in strukturschwachen Gebieten im globalen Süden. Dezentrale, handwerkliche Methoden sind eine effiziente und nachhaltige Lösung in Regionen, in denen Biomasse aus Abfällen im Überfluss vorhanden ist, aber die Infrastruktur für eine industrielle Pflanzenkohleproduktion fehlt. Dies kann die Akzeptanz der Pflanzenkohleproduktion auf internationaler Ebene erhöhen und den Weg für eine schrittweise Verbreitung der Pflanzenkohletechnologie ebnen.
Allerdings: Aufgrund der großen Anzahl der am Projekt beteiligten Stakeholder sind bei handwerklichen Projekten größere Anstrengungen erforderlich, um ein zuverlässiges Rückverfolgbarkeitssystem einzurichten. Die Einführung umfassender Datenerfassungs- und digitaler Überwachungs-, Berichterstattungs- und Verifizierungssysteme, die an die Bedingungen der handwerklichen Produktion angepasst sind, ist deshalb ein besonders wichtiger Bestandteil der entsprechenden Projekte. Eine schnelle Skalierbarkeit der handwerklichen Produktion kann durch die Zusammenarbeit mit erfahrenen, ortskundigen Partnern, einem großen Netzwerk von teilnehmenden Kleinbauern sowie der Berücksichtigung und Einbeziehung der örtlichen Sozialstrukturen erreicht werden.
Beispiel einer handwerklichen Pflanzenkohle-Produktion: Odisha
Wenn Sie mehr über die handwerkliche Pflanzenkohleproduktion in der Praxis erfahren möchten, empfehlen wir Ihnen unseren „Unearthed“-Blogbeitrag über unser Pflanzenkohle-Partnerprojekt im Bundesstaat Odisha in Indien.
Gibt es herstellungsspezifische Unterschied in Sachen Qualität oder Klimanutzen bei der Pflanzenkohle-Produktion?
Aus unserer Erfahrung in der Projektentwicklung wissen wir, dass viele Unternehmen, die sich für die Umsetzung von CO2-Senkenprojekten interessieren, der handwerklich geprägten Pflanzenkohle-Produktion im Vergleich zu industriellen Projekten häufig skeptisch gegenüberstehen. Nicht selten gibt es Fragen zur Qualität der hergestellten Pflanzenkohle oder der Zuverlässigkeit der verwendeten Monitoringsysteme.
Fakt ist jedoch, dass handwerklich hergestellte Pflanzenkohle das gleiche bedeutende Potenzial zur Reduzierung und der langfristigen Speicherung von atmosphärischem Kohlenstoff bietet, wie ihr industriell produziertes Pendant. Die Qualität der Pflanzenkohle und die Dauerhaftigkeit der Kohlenstoffspeicherung hängen in erster Linie davon ab, wie ein Projekt gemanagt wird, nicht von der verwendeten Technologie: Sowohl bei handwerklichen als auch bei industriellen Pflanzenkohleprojekten ist es von entscheidender Bedeutung, dass die richtigen Verfahren angewendet werden, um sicherzustellen, dass die technischen Standards und methodischen Richtlinien eingehalten werden. Zu den wichtigsten Faktoren gehören die Einhaltung einer stabilen Pyrolysetemperatur und die Verwendung von trockenem, vorbehandeltem Ausgangsmaterial. Unabhängig davon, ob ein Projekt industrielle oder handwerkliche Methoden verwendet, ist es wichtig, eine solide Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten und wirksame, idealerweise digitale Systeme im Bereich Monitoring, Reporting und Verification einzusetzen. Bei Projekten im industriellen Maßstab kann eine kontinuierliche Überwachung einfacher sein, aber ähnliche Systeme können auch für handwerkliche Pflanzenkohleinitiativen angepasst werden.
Wie wir die hohe Qualität unserer Pflanzenkohleprojekte sicherstellen
Von der handwerklichen bis zur industriellen Pflanzenkohleproduktion: Qualität steht für uns bei First Climate stets an erster Stelle! Aus diesem Grund unterstützt First Climate nur Pflanzenkohleprojekte und -zertifikate, die eine gründliche dMRV durchlaufen haben und die Qualitätsanforderungen des European Biochar Certificate (EBC) bzw. des World Biochar Certificate (WBC) oder der International Biochar Initiative (IBI) erfüllen. Neben der Entwicklung eigener Pflanzenkohleprogramme, begleitet First Climate Projekteigner als erfahrener Dienstleister durch den Zertifizierungsprozess nach relevanten Standards und unterstützt sie während des gesamten MRV-Prozesses. Die derzeit wichtigsten Standards für die Registrierung von handwerklichen und industriellen Pflanzenkohleprojekten sind VCS (Verified Carbon Standard) und CSI (Carbon Standards International). Puro.Earth und Isometric sind zusätzliche Standards, die nur für die Zertifizierung von Pflanzenkohleprojekten im industriellen Maßstab geeignet sind.
First Climate arbeitet weltweit mit verschiedenen industriellen und handwerklichen Pflanzenkohleprojekten zusammen. Unsere Partner vertrauen uns die Integrität, Qualität und den Klimanutzen ihrer Projekte an. Um das zu gewährleisten, führen wir Due Diligence-Prozesse durch, und besuchen dafür regelmäßig Projekte auf der ganzen Welt. Es ist für uns immer wieder spannend, aus erster Hand Einblicke in die verschiedenen Pflanzenkohleansätze zu erhalten, die direkten Auswirkungen vor Ort zu sehen und die Entwicklung der Technologie direkt zu begleiten!
Was können wir in Zukunft von Kohlenstoffspeicherung durch Pflanzenkohle erwarten?
Fortschreitende technologische Innovationen, ein steigender Bedarf an Lösungen zur langfristigen Kohlenstoffspeicherung und eine immer stärkere Ausrichtung von Pflanzenkohleprojekten an den Prinzipien der globalen Nachhaltigkeitsziele werden auch in Zukunft ohne Zweifel für ein dynamisches Wachstums des Pflanzenkohle-Sektors sorgen. Sowohl handwerkliche als auch industrielle Pflanzenkohleprojekte werden bei diesem Wachstum eine wichtige Rolle spielen. Im Zuge der technologischen Entwicklung sind weitere Fortschritte bei Automatisierung, Überwachung und Verwendung KI-gesteuerter Systeme sowohl für industrielle als auch für handwerkliche Pflanzenkohleprojekte zu erwarten.
Sie möchten mehr über das Potenzial effektiver CO2-Senkentechnologien für den Klimaschutz und entsprechende Investitionsmöglichkeiten für Unternehmen erfahren?
Sprechen Sie uns an! Wir beraten Sie gerne.
Über die Autoren und Autorinnen
Nikita Skopincev ist Junior Project Manager bei der First Climate Projektentwicklung GmbH und bringt seine Expertise im Bereich CO2-Senkenlösungen sowohl im Team Technical Removal Solutions (TRS) als auch im Nature-Based Solutions (NBS)-Team von First Climate ein. Im TRS-Team liegt sein aktueller Fokus auf Pflanzenkohle-projekten und im Bereich „Early Stage“ CDR-Initiativen.
Mit seinem akademischen Hintergrund in Geo- und Materialwissenschaften, mit einem Schwerpunkt in Mineralogie und Zement, bringt Nikita wertvolles Fachwissen in die Entwicklung und Umsetzung innovativer Klimaschutzprojekte ein.
Lia Flury ist Leiterin des TRS-Teams der First Climate Projektentwicklung GmbH und verfügt über umfangreiche Erfahrung im freiwilligen CO2-Markt und bei der Entwicklung von CO2-Senkenprojekten.
Mit einem Master-Abschluss in Rechts- und Wirtschaftswissenschaften kombiniert Lia Planungskompetenz mit praktischer Expertise, insbesondere im Bereich pflanzenkohlebasierter CO2-Senkenprojekte.