War die Klimakonferenz in Dubai ein Erfolg oder sind wir weiter vom 1,5°C-Ziel entfernt als je zuvor?
Die diesjährige COP in den Vereinigten Arabischen Emiraten endete mit einigen „ersten Schritten“, blieb aber in vielerlei Hinsicht hinter den Erwartungen und dringlichen Entscheidungen zurück. Aus Sicht von First Climate gibt es wenig Anlass, um positive Bilanz zu ziehen.
Mit fast 100.000 Teilnehmenden war die 28. COP die bisher bestbesuchte Konferenz, was vermutlich nicht zuletzt an den besonders hohen öffentlichen Erwartungen lag. Während die zehntägige Konferenz mit der formellen Einführung des „Loss and Damage Fund“ bereits am ersten Veranstaltungstag vielversprechend startete, wurden andere entscheidende Themen vertagt - viele andere blieben bis zum Ende der Konferenz ungeklärt.
Loss and Damage Fund: Mit der Entscheidung des globalen Nordens für die Einrichtung eines monetären Mechanismus zur Bewältigung von Verlusten und Schäden als Folgen des Klimawandels, wurde ein wichtiger Meilenstein gesetzt. Wie erwartet und im Vorjahr zugesagt, erhielt der Loss and Damage Fund ein Startkapital in Höhe von rund 393 Millionen Euro, wobei die Vereinigten Arabischen Emirate und Deutschland jeweils rund 91 Millionen Euro zugesichert haben. Die Auswirkungen des Klimawandels werden jedoch umgerechnet auf jährlich über 365 Mrd. EUR geschätzt – es bedarf also einer Einigung darüber, wie stark betroffene Länder Zugang zu den dringend benötigten finanziellen Mitteln erhalten sollen. Nun, da die meisten finanziellen Zusagen im Rahmen der Konferenz verbindlich wurden, müssen die nächsten Schritte zielgerichtet sein, um eine faire Handhabung und schnelle Umsetzung des Fonds zu gewährleisten.
Inaugural Global Stocktake (dt. weltweite Bestandsaufnahme): Gemäß den 2018 im Pariser Klimaabkommen getroffenen Vereinbarungen wurde in Dubai die allererste globale Bestandsaufnahme (GST) durchgeführt. Diese findet in einem Fünfjahreszyklus statt und verpflichtet alle teilnehmenden Länder, Angaben zu ihren national festgelegten Beiträgen (engl. Nationally Determined Contributions, NDCs) als Teil eines globalen Klimaschutzplans zur Verringerung der Kohlenstoffemissionen und zur Anpassung an den Klimawandel zu machen. First Climate sieht die globale Bestandsaufnahme als einen der wichtigsten Meilensteine an, die während der gesamten Agenda der Konferenz immer wieder thematisiert wurde. Sie soll Nationen, die ihre NDCs in den vergangenen fünf Jahren nicht erreicht haben, bei der Umsetzung ihrer Ziele unterstützen. Bedauerlicherweise zeigen die im Rahmen der GST offengelegten Zahlen, dass die Mitgliedstaaten trotz ihrer anfänglichen ambitionierten Zielsetzungen insgesamt weit von ihrem Kurs abgewichen sind. Anstatt das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, stehen die globalen Temperaturen nur ein halbes Jahrzehnt später kurz davor, den Schwellenwert zu überschreiten und liegen eher bei 2,7°C über dem vorindustriellen Niveau. Wenn der derzeitige Klimakurs beibehalten wird, wird das Jahr 2023 als das wärmste Jahr in die Geschichte der Menschheit eingehen. First Climate hält fest: Die Bestandsaufnahme wurde zwar durchgeführt; die nationalen Maßnahmen bleiben jedoch weit hinter den Erwartungen zurück und reichen nicht aus, um die angestrebten globalen Klimaziele zu erreichen.
Ernüchternde Ergebnisse zur Eindämmung des globalen Klimawandels
Fossile Brennstoffe: Die Tatsache, dass die Frage des Ausstiegs aus fossilen Brennstoffen erneut aufgegriffen wurde, betrachteten viele als einen wichtigen Schritt. Jedoch endeten die Diskussionen mit sehr unterschiedlichen Meinungen über die Ernsthaftigkeit der Ambitionen der Parteien und führten zu weiteren Forderungen nach verstärkten Maßnahmen in allen Bereichen, um den Folgen des Klimawandels wirksam gegenzusteuern. Die Gespräche über die "unverminderte" Nutzung fossiler Brennstoffe mündeten in einer unverbindlichen Formulierung, die keine spürbaren Veränderungen nach sich ziehen würde. Das ließ viele Beteiligte mit der Frage zurück, ob ein Ausstieg aus der Nutzung von Gas, Öl und/oder Kohle in absehbarer Zeit möglich sei.
Artikel 6-Verhandlungen: Aus Sicht von First Climate besteht der größte Rückschlag nach der COP im Scheitern der Verhandlungen zu Artikel 6. Vermutlich aufgrund der hochgradig politisierten und manchmal brisanten Art der Verhandlungen, gingen die Gespräche mit einem fehlenden Konsens zu Ende. Ohne die Festlegung eines formellen und anerkannten Rahmens liegt die Verantwortung für die Umsetzung der in Artikel 6.2 bzw. Artikel 6.4 enthaltenen Impulse nun bei den einzelnen Staaten und den Initiatoren des Privatsektors - sie sind damit bei der Durchführung eigener Maßnahmen auf sich gestellt.
Trotz mangelnder Richtlinien und Prognosen hat etwa die Schweiz ein bilaterales Abkommen zur Umsetzung einer Reihe von Projekten unterschrieben. Das Scheitern von Artikel 6.4 bedeutet allerdings einen schweren Rückschlag für Akteure, die sich für freiwillige Klimaschutzmaßnahmen einsetzen. First Climate hält die weitere Konvergenz der Artikel 6-Mechanismen und des freiwilligen Kohlenstoffmarktes, der nach wie vor eines der wenigen bestehenden Instrumente zur Erreichung eines skalierbaren Klimanutzens ist, für eine verpasste Chance. Mit dem vorläufigen Scheitern von Artikel 6 ist es aus unserer Sicht umso entscheidender, dass der private Sektor mehr Eigenverantwortung bei der Bekämpfung des Klimawandels übernimmt. Eine verbindliche Vorgabe im Rahmen der COP hätte zur Förderung des freiwilligen Klimaschutz-Engagements beitragen können.
Auf dem Kurs bleiben, um globale Ziele noch rechtzeitig zu erreichen
Anfang Dezember nahmen Lene Keerberg, Carbon Sourcing & Trading, und Yves Keller, Head of Community-based and Article 6 Projects, für First Climate an der COP28 teil. Angesichts des Mangels an richtungweisenden klimapolitischen Entscheidungen kommt dem Networking und dem internationalen Austausch eine umso bedeutendere Rolle zu. Durch neue Partnerschaften können Synergien genutzt werden, um notwendige Klimaschutzmaßnahmen effektiv umzusetzen.
„Zwar begrüße ich die ambitionierten Bemühungen um den Ausbau erneuerbarer Energien bis 2030 und die Umsetzung des Loss and Damage-Fonds. Dennoch ist das Ergebnis der diesjährigen COP ein enormer Rückschlag für die Marktmechanismen, die gemäß der Artikel 6.2. und 6.4. etabliert werden sollen, und damit auch für die Skalierung der globalen Kohlenstoffmärkte. In Zukunft können wir auf die freiwilligen Akteure auf dem Kohlenstoffmarkt setzen, die bereits wirkungsvolle Initiativen zur Verbesserung der Qualität, Stabilität und Integrität des Marktes ergreifen. Freiwillige Marktakteure können durch den VCM weiterhin einen wichtigen Beitrag zur globalen Dekarbonisierung leisten“, kommentiert Wolfgang Brückner, Managing Director, First Climate Projektentwicklung GmbH, den Ausgang der Konferenz.
Wir werden auch künftig über die weiteren Entwicklungen nach der COP berichten.